Vielleicht kennst du das ja auch, solche Momente wo es dir schwer Fällt nur bei dir zu bleiben. Mir ging es oft so, ich war überall, nur nicht bei mir. War ich in einer Beziehung, so war ich gedanklich oft bei meinem Partner. Zu oft, denn irgendwie vergaß ich mich dabei. Lag eine Meinungsverschiedenheit im Raum, mit Freunden oder Bekannten, so fragte ich mich, was diese nun über mich denken. Musste ich meine Eltern gefühlt vor den Kopf stoßen und ging meinen eigenen Weg, so hatte ich ein schlechtes Gewissen. Ich fragte mich was sie nun denken und wie es ihnen damit geht, hatte Angst, sie sind jetzt sauer auf mich. Zugegeben, es fällt mir heute immer noch nicht in jeder Situation leicht, ganz bei mir zu bleiben, aber es gelingt mir immer besser und es fühlt sich so unglaublich gut an. Das hat auch nichts mit Egoismus zu tun! Nein, das „bei sich bleiben“, fällt unter die Sparte „Selbstfürsorge“.

Was bedeutet Selbstfürsorge?

Nimm das Wort mal auseinander und du wirst sehen, dass es nichts mit Egoismus zu tun hat. Es drückt lediglich aus, dass du selbst für dich sorgst. Das du nicht abhängig von jemand anderen bist, der dich umsorgt. Das ist gut, denn viel zu oft erwarten wir zum Beispiel von unserem Partner, dass er uns umsorgt und bemuddelt. Und sind dann enttäuscht, wenn er in seinem Interesse handelt. Zumindest habe ich bei mir diese Erfahrung gemacht. Vielmehr dürfen diejenigen unter uns, denen es so geht wie mir einst, sich öfters Mal eine Scheibe von so einem Handeln abschneiden. Denn Selbstfürsorge heißt, dass du dich und deine Gefühle ernst nimmst. Dass du für dich da bist, dir selbst ein guter Freund bist. Und du wieder lernst dich zu spüren und auch danach zu handeln. Es bedeutet ganz bei sich zu bleiben, egal was im Außen passiert.

Ich gebe zu, irgendwie hört sich das jetzt im ersten Moment doch recht egoistisch oder narzisstisch an. Aber ich spreche hier über ein gesundes Maß von Selbstfürsorge, welches wir an den Tag legen sollten. Das ist etwas, was beiden Parteien, also mir und meinem Gegenüber (egal ob Partner, Elternteil oder einem anderen Gegenüber) gut tut. Es bringt eine gewisse Leichtigkeit und Freiheit in jegliche Form von Beziehung ein und dir selber Macht zurück. Macht über dich selbst.

Warum fällt das „bei sich bleiben“ schwer?

Wenn du auch zu dieser Gruppe von Menschen zählst, denen das „bei sich bleiben“ deutlich schwerer fällt als anderen, dann fragst du dich vielleicht auch manchmal warum das so ist. Ich denke, es kann zum Teil mit der Kindheit zusammen hängen. Darauf komme ich gleich zu sprechen. Aber es ist auch unsere heutige Welt, wir haben so viele Möglichkeiten die wir nutzen können und die uns vom Wesentlichen ablenken. Die uns wegführen von uns selbst. Die Zeit ist schnelllebig und oft finden wir keine Ruhe und hasten durch unser Leben. Schauen nach rechts und nach links, aber nicht nach innen, zu uns. Manche von uns tragen vielleicht Verantwortung für Kinder und stellen diese allen voran, ohne zu schauen, wo SIE eigentlich dabei bleiben. Oder uns fehlt es an Selbstliebe und wir definieren uns über die anderen.

Ursache: Kindheit

Auch wenn du es nicht mehr hören kannst, es ist wahr. Vieler Ursprung liegt in der Kindheit. Was uns vorgelebt wurde oder was wir erlebt haben. Ausgeliefert sind wir diesen Umständen aber trotzdem nicht, denn wenn wir einige Zusammenhänge begreifen und uns derer bewusst sind, fangen wir an, uns besser zu verstehen und uns nicht mehr zu verurteilen. Wir sind dadurch in der Lage, uns unsere Mängel oder ungünstigen Gewohnheiten einzugestehen und zu verzeihen. Haben somit die Chance, an uns arbeiten zu können.
Ich will an dieser Stelle nicht aufzählen, welche Umstände in der Kindheit den Blick nach außen schulen und das eigene „ICH“ vergessen lassen. Diese Gedanken darf sich jeder selber machen, wenn er will. Wichtig ist in dem Punkt nur, dass wir lernen uns mit unseren Mängeln nicht mehr abzulehnen, sondern diese liebevoll anzunehmen und umzuwandeln. So kommen wir aus mancher Spirale heraus.

Der Lohn vom bei sich bleiben

Wenn ich bei mir bleibe, lasse ich los und Ballast fällt ab. Ich gebe die Kontrolle ab und damit die Selbstverantwortung an jeden einzelnen zurück. Selbst Erwartungen fallen weg, denn ich bin ja bei mir. Das fühlt sich unglaublich befreiend an. Egal ob in der Partnerschaft, in der Beziehung zu den Eltern oder in jeder anderen zwischenmenschlichen Situation, es ist eine Last die abfällt, wenn man wirklich nur bei sich bleibt. Wie ich schon schrieb, es bringt eine gewisse Leichtigkeit und Freiheit in unser Leben zurück.
Nun kommt eine ganz andere Dynamik in die jeweilige Beziehung und sie kann neu erblühen. Sobald ich mich ändere, ändert sich alles. Dass ist ein Kreislauf und mein Lohn.

Mein Weg zur besseren Selbstfürsorge

Irgendwann habe ich mich selber angekotzt, ich war genervt von mir und meinen Verhalten. Es ist mir zu anstrengend geworden und ich wollte nur noch raus aus diesem Kreislauf. Hatte keine Lust mehr darunter zu leiden, dass ich schlecht bei mir bleiben kann und immer Augen auf andere hatte. Es bringt ja auch Leid in die Beziehung. Ich schaute also genau hin. Schaute wie es andere hin bekamen oder auch nicht. Übte mich im bei mir bleiben. Hatte viele Gespräche mit meinem Partner. Meine Therapeutin gab mir auch hilfreiche Ansätze mit. Immer wieder fragte ich mich nun, in bestimmten Situationen, was mir jetzt gut täte und handelte danach. Lernte nachzufragen, um manches besser zu verstehen oder mein Gegenüber zum Nachdenken anzuregen.
Ich versuche vieles nicht mehr so persönlich zu nehmen, was schwer fällt, wenn man direkt in der Situation ist, wie du vielleicht weißt. Und ich lerne Ruhe zu bewahren. Alles andere macht die Zeit und das konsequente Üben. Ich wünsche dir viel Kraft und Geduld mit dir, auf deinem Weg. Von Herzen, Madeleine.

 

Foto: Melanie Wiechert

 

 

 

Hat dir mein Beitrag gefallen? Jetzt teilen!