(Gastbeitrag/unbezahlte Werbung) Hallo ihr Lieben! Mein Name ist Pia und ich habe im Jahr 2016 die Diagnose „instabile Persönlichkeitsstörung Typ Borderline“ erhalten. Für mich war das damals ein Schock.
Nahstehende Menschen erzählten mir schon, dass ich typische Verhaltensweisen aufzeigen würde. Doch ich wollte es nicht wahrhaben und vertraute auch keinem Arzt meinen Verdacht an, eine Borderline-Störung zu haben. Ich hatte Angst.
Als dann doch die Diagnose im Raum stand, musste ich mit vielen Ärzten reden und Tests wurden gemacht, damit sie sich 100% sicher waren. Nun Stand es fest und schwarz auf weiß auf dem Papier- in mir brach eine kleine Welt zusammen.
Über Borderliner hört man so gut wie nie etwas Positives. Ich wollte einfach keiner dieser „schwierigen“ Menschen sein.

 

Skillstraining bietet Hilfe

Ich begann mit einem so genannten „Skillstraining“, welches mir von meiner damaligen Therapeutin empfohlen wurde. In diesem Training lernten wir Teilnehmer, wie wir unsere oft extremen Gefühle und die damit auftretende Hochspannung besser kontrollieren können. Dieses Training war wie eine Gruppentherapie aufgebaut und ist das Kernstück aus der DBT (Dialektisch-Behaviorale Therapie).
Mit der Zeit merkte ich, wie es mir zumindest in kleinen Schritten besser ging. Ich beschloss mich intensiver mit der ganzen Thematik, rund um psychische Gesundheit, zu beschäftigen.
So entstand auch mein Blog PiusLucius (Link hier), auf dem ich begann, meine Erfahrungen mit Depressionen, Panikattacken und eben auch Borderline zu teilen.

 

Was ist Borderline?

Die Borderline Persönlichkeitsstörung ist eine ziemlich schwer zu beschreibende Erkrankung und dieser Beitrag würde dafür auch gar nicht ausreichen. Außerdem ist es schwer zu beschreiben, was Borderline-Betroffene erleben.
Passend zur Bezeichnung Borderline (auf Deutsch: Grenzlinie) erleben sich Betroffene (und so auch ich) als Grenzgänger. Zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt kann innerhalb weniger Momente alles dabei sein. Und das ohne ersichtliche Auslöser.
Borderliner haben oft nur einen schmalen Grat zwischen gesund und krank, Nähe und Distanz, Leben und Tod.
Es gibt im DSM (Diagnostisches und Statistisches Manual psychischer Störungen) neun aufgeführte Kriterien, wovon insgesamt fünf beim Patienten vorhanden sein müssen, damit die Diagnose gestellt werden darf.
Es kann also sein, dass zwei Betroffene mit gleicher Diagnose nur ein gemeinsames Merkmal erfüllen.
Außerdem findet man die Kriterien auch bei Nicht-Betroffenen, allerdings sind sie da viel weniger stark ausgeprägt. Dadurch eignen sich diese Kriterien NICHT, um sich selbst eine Diagnose zu stellen.

 

Missverständnisse bezüglich Borderline

Wenn man sich ein bisschen umhört, stößt man schnell auf Missverständnisse und Vorurteile zum Thema Borderline. Ich habe für diesen Beitrag 7 dieser Missverständnisse zusammengetragen und werde versuchen sie in den folgenden Zeilen klar zu stellen. 

Missverständnis 1:

Alle Borderliner ritzen sich
Eines der größten Missverständnisse bezüglich der Persönlichkeitsstörung ist, dass sich alle Betroffenen ritzen, also sich selbst mit scharfen Gegenständen Schnittverletzungen zufügen, würden.
Es stimmt zwar, dass viele Borderliner selbstverletzendes und/oder selbstschädigendes Verhalten zeigen, aber dies kann sich auch durch Kratzen, Hungern, Überessen und Alkoholmissbrauch oder viele weitere schädigende Verhaltensweisen zeigen.

Missverständnis 2:

Borderliner sind manipulativ
Viele Betroffene haben große Angst vorm Verlassen-werden. In ihrer empfundenen „Not“, zeigen sie oft ungesunde Verhaltensweisen, die sie sich über die Jahre hinweg „antrainiert“ haben. Sie empfinden ein enormes Gefühlschaos.
Beispielsweise kann es gerade in einer Beziehung mit einem Borderliner dazu kommen, dass nach oder in einem Streit mit Suizid „gedroht“ wird. Die andere Person kann dies, gerade wenn es immer wieder vorkommt, aber nie ein Suizidversuch stattfindet, als manipulativ empfinden. Allerdings ist es für den Betroffenen meist die Äußerung eines in diesem Moment realen Empfindens.
!Suizidandrohungen sind in JEDEM Fall ernst zu nehmen!

Missverständnis 3:

Borderliner können nur schwarz-weiß denken und sind somit nicht in der Lage, kritisch und logisch zu denken
Kritisches, logisches und auch selbstreflektiertes Denken per se ist eine Sache der Übung.
Das mit Borderlinern in Verbindung gebrachte „schwarz-weiß Denken“ passiert meist auf einer sehr emotionalen Ebene. Wenn der Partner beispielsweise nicht auf einen Anruf reagiert, dann kommen oft sehr schnell Gedanken wie „Er hatte einen Unfall.“ „Er will mich verlassen und bricht jetzt einfach den Kontakt ab.“ oder ähnliches. Die Emotionen springen da innerhalb von kürzester Zeit von Trauer zu Wut und wieder zurück.
So ist es mir zum Beispiel vor einigen Monaten gegangen, als ich wegen eines anstehenden Arztbesuches sehr gestresst war, und mein Freund nicht gleich abheben konnte. In aufwühlenden Situationen passiert es mir öfter, dass ich ins schwarz-weiß Denken rutsche, ich kann aber durchaus auch rational denken und beurteilen. Das ist Übungssache und gelingt manchmal besser und manchmal nicht so gut.

Missverständnis 4:

Borderliner wollen nur Aufmerksamkeit
Beispielsweise Wunden und Narben, die durch Selbstverletzung entstanden sind und recht „offen“ getragen werden, also für jedermann sichtbar, werden oft so verstanden, dass die betroffene Person „einfach nur Aufmerksamkeit will“. Auch vermeintlich grundloses Ausbrechen in Tränen oder plötzliche Wut werden oft so interpretiert.
Hinter dem auffälligen Verhalten steckt allerdings eine verletzte Seele, die manchmal regelrecht nach Hilfe schreit.
!Selbstverletzendes Verhalten sollte auf alle Fälle ernst genommen und dem/der Betroffenen Hilfe angeboten werden!

Missverständnis 5:

Die Welt der Borderliner dreht sich nur um sich selbst
Als Borderlinerin kämpfe ich oft mit mir und meinen Gefühlen. Natürlich sind da auch viele meiner Gedanken auf mich bezogen. Würde ich mich nicht genug mit mir selbst beschäftigen, würde ich wohl zugrunde gehen.
Trotzdem kann ich weiterdenken, als bis vor meine eigene Nasenspitze und kann Verantwortung für andere übernehmen. Das ist auch bei den meisten anderen Betroffenen der Fall.

Missverständnis 6:

Borderline ist ein anderer Ausdruck für „multiple Persönlichkeit“
Ein Borderliner hat, wie so ziemlich jeder Mensch, verschiedene Persönlichkeitsstränge. Die sind oft stärker ausgeprägt, als bei einem „gesunden“ Menschen.
Von einer „multiplen Persönlichkeitsstörung“ (dissoziative Identitätsstörung) spricht man, wenn (nach einem schweren Trauma) sich die Persönlichkeit spaltet. Die Persönlichkeiten treten immer getrennt voneinander auf und wissen in der Regel auch nichts voneinander.
Das ist bei Borderlinern keineswegs der Fall.
Hier ein Link zu einem Artikel zur dissoziativen Identitätsstörung: klick hier

Missverständnis 7:

Borderliner können keine Freundschaften pflegen und gesunde tiefere Beziehungen sind für sie unmöglich
Zwischenmenschliche Beziehungen sind für so gut wie jeden eine Herausforderung. Mal mehr und mal weniger.
Borderliner stehen da oft vor noch größeren Herausforderungen. Aber es ist auch für sie keinesfalls unmöglich, Freundschaften und Beziehungen zu führen.
Ich selbst lebe seit mittlerweile drei Jahren in einer glücklichen Beziehung und ich habe Freundschaften, die schon so gut wie mein ganzes Leben bestehen. Natürlich ist es Arbeit (beispielsweise bin ich in Therapie und merke, wie ich dadurch nicht nur mit mir, sondern auch mit anderen Menschen immer besser umgehen kann) und ich bin bestimmt nicht immer ganz einfach. Aber sind wir doch mal ehrlich, ist das nicht bei jedem so? Eure Pia

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